Wo Leben& Urlaub Hand in Hand gehen

Lebensraum Alpbachtal

Tourismus braucht Akzeptanz  – und Nachhaltigkeit
Wolfgang Kostenzer, Geschäftsführer Alpbachtal Tourismus

Als wir im Jahr 2024 mit der Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie begonnen haben, war für uns klar: Unsere Verantwortung als Tourismusverband gilt nicht nur den Gästen und Betrieben, sondern ebenso der Bevölkerung der Destination Alpbachtal. Die Förderung über das Bundesministerium mit dem Ziel einen nachhaltigen ausgewogenen Tourismus zu unterstützen, kam für uns somit zu einem idealen Zeitpunkt. Mit dem Projekt „Lebensraum Alpbachtal – wo Leben und Urlaub Hand in Hand gehen“ haben wir uns zum Ziel gesetzt den Stellenwert und Nutzen des Tourismus im Alpbachtal zu ermitteln und Handlungsempfehlungen für die zukünftige Gestaltung des Lebensraums Alpbachtal abzuleiten.

Wo Leben und Urlaub Hand in Hand gehen

Lebensraum Alpbachtal

Im dritten Quartal 2024 wurde das Projekt offiziell ins Rollen gebracht: Wir haben den Förderantrag beim Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) eingereicht – mit erfreulicher Aussicht auf eine 80%ige Förderung der Investitionen. Gleichzeitig fiel die Wahl auf unseren erfahrenen Projektbegleiter Gernot Paesold, mit dem wir gemeinsam die nächsten Schritte in der Ausgestaltung des Projekts geplant haben.

Die Bevölkerung kommt zu Wort

LebensQualiMeter-Umfrage

Im Herbst 2024 wurde es konkret: Gemeinsam mit Stephanie Zorn von Kohl & Partner führten wir eine umfassende LebensQualiMeter-Umfrage in der Region durch. 1.128 Teilnehmer:innen – darunter Einheimische, Unternehmer:innen und Mitarbeitende – teilten ihre Einschätzung zu Lebensqualität, Tourismus und der Entwicklung unserer Region.
Das Ergebnis: 70 von 100 möglichen Punkten – ein starkes Zeichen für die hohe Lebensqualität im Alpbachtal und eine erfreulich positive Grundhaltung gegenüber dem Tourismus. Gleichzeitig wurden wertvolle Hinweise auf Verbesserungspotenziale sichtbar, die im weiteren Prozess aufgegriffen wurden.

LQM Alpbachtal Umfrage 2024
Allgemeines Lebensgefühl (80/100):

Die hohe Lebensqualität, das Gemeinschaftsgefühl, die beeindruckende Natur und die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten wurden besonders positiv hervorgehoben. Gleichzeitig belastet der steigende Mangel an leistbarem Wohnraum, insbesondere für jüngere Generationen.

Tourismus (69/100):

Einerseits wird die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus anerkannt, andererseits fühlen sich Einheimische gegenüber Gästen oft benachteiligt (z. B. bei der Nutzung touristischer Infrastruktur).

Freizeit und soziale Interaktion (91/100):

Die Kategorie erzielte die höchste Bewertung durch vielfältige Freizeitmöglichkeiten und das Funktionieren von sozialen Netzwerken (Vereine, ...) Dennoch werden mehr jugend- und familienfreundliche Angebote (z. B. Schwimmbad, Spielplätze) für unterschiedliche Altersgruppen gewünscht.

Verkehr und Mobilität:

Der öffentliche Nahverkehr und alternative Mobilitätslösungen werden als unzureichend wahrgenommen, insbesondere in Randzeiten, abgelegenen Gebieten und touristisch attraktiven Ausflugszielen.

Infrastruktur:

Schwachpunkte sind Freizeitinfrastruktur (49/100) und öffentlicher Verkehr (51/100). Die niedrige Bewertung der Freizeitinfrastruktur resultiert weniger aus einem Mangel an Angeboten, sondern vielmehr aus der Unzufriedenheit der Bevölkerung über die bessere Zugänglichkeit für Gäste durch die Nutzung der Gästekarte. Die Versorgung und öffentlichen Dienstleistungen wurden höher bewertet (70/100 und 76/100).

Kultur und regionale Bindung:

Die regionale Identität ist stark ausgeprägt (84/100), jedoch wünschen sich viele Einheimische mehr Mitspracherecht in der Regionalentwicklung.

Grundlegendes:
  • Insgesamt überschneiden sich die Ergebnisse der Bürger sehr stark mit jenen der Unternehmer, auch wenn – wie zu erwarten – ein stärkerer wirtschaftlicher Fokus spürbar ist. Ebenso verhalt es sich mit den Mitarbeitern.
  • Alle befragten Gruppen sprechen sich klar dafür aus, die Balance zwischen Einheimischen und Gästen zu wahren, um eine gute Tourismusakzeptanz und einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort zu gewährleisten.
LQM Alpbachtal Umfrage 2024

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, bringt aber auch Belastungen mit sich – insbesondere für jene, die nicht direkt davon profitieren. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass der Tourismus im Alpbachtal insgesamt positiver wahrgenommen wird als in anderen tourismusintensiven Regionen.

Während die Branche als essenziell für Arbeitsplätze, Infrastruktur und Freizeitangebote anerkannt wird, gibt es auch Herausforderungen wie steigende Immobilienpreise, ein hohes Preisniveau und Verkehrsbelastungen, die dem Tourismus zugeschrieben werden. Der derzeitige Ausgleich zwischen positiven und negativen Aspekten zeigt eine insgesamt stabile Situation, doch künftige strategische Entscheidungen werden entscheidend sein.

Im Vergleich zum österreichweiten Tourismusakzeptanzindex 2023 (75/100 Punkten) liegt Tirol mit 71/100 und das Alpbachtal/Tiroler Seenland mit 72/100 im ähnlichen Bereich – ein Zeichen für eine noch überwiegend positive Akzeptanz des Tourismus in der Region.

Folgende Faktoren haben dabei laut Tirol Werbung einen direkten Einfluss auf die Tourismusakzeptanz der lokalen Bevölkerung:

LQM Alpbachtal Umfrage 2024
  • Besonders geschätzt werden die zusätzliche Infrastruktur, regionale Arbeitsplätze, und der tiefe Stolz, in einer so schonen Gegend zu leben, wo andere gerne ihren Urlaub verbringen.
  • Dazu kommen zusätzliche Freizeitangebote wie Veranstaltungen und die Gastronomie vor Ort
Persönliche Statements
  • Gepflegtes Landschaftsbild und Almen (Landwirte)
  • Sauberes und schönes Ortsbild
  • Lebendiges Brauchtum und Veranstaltungen
  • Regionale Wertschöpfung (Gemeinde, Zulieferer)
  • Austausch mit anderen Kulturen / Internationalität
LQM Alpbachtal Umfrage 2024
  • Zu den negativen Aspekten zählen die steigenden Immobilienpreise, das allgemein hohe Preisniveau in der Region sowie die intensive Verkehrsbelastung.
  • Hinzu kommt der intensivere Flächenverbrauch in Verbindung mit Naturbelastungen sowie das Thema der Eigentumsmissachtung (Wildparken, Benützung inoffizielle Wege, etc.)
Im Detail
  • Ein häufig genannter Punkt ist die gefühlte Benachteiligung der Einheimischen gegenüber Touristen. Während Gaste viele Angebote gratis oder vergünstigt nutzen können, zahlen Einheimische meist den Vollpreis.
  • Die steigenden Grundstucks- und Immobilienpreise stellen eine spürbare Herausforderung dar. Dies wird zum Teil auf den Verkauf von Wohnraum an auswärtige Interessenten zurückgeführt.
  • Der zunehmende Verkehr, insbesondere durch Tagesgaste und individuelle Anreisen, führt zu Belastungen im Alltag. Auch die Verschmutzung der Natur durch Mull wird als störend wahrgenommen.
  • Freizeitangebote und Veranstaltungen richten sich aus Sicht einiger Einheimischer primär an Touristen. In der Nebensaison seien zudem viele Angebote kaum verfügbar.
  • Einige Naturgebiete, Seen oder Freizeitangebote werden während der Hochsaison von Gasten stark frequentiert, was den Erholungswert für Einheimische mindert. Auch Ruhestörungen durch Veranstaltungen wurden genannt.
LQM Alpbachtal Umfrage 2024

Aus den vielen Rückmeldungen, Ideen und Anliegen aus der Bevölkerung sowie den Workshops mit Vertreter:innen aus Gemeinde, Bevölkerung, Unternehmer und Vereinen sowie einem Entscheiderworkshop mit TVB Gremium und Gemeinden sind fünf zentrale Handlungsfelder entstanden. Sie zeigen klar, was die Bevölkerung und Unternehmen bewegt – und wo wir als Region gemeinsam ansetzen sollen und wollen. Folgende Themen stehen im Mittelpunkt, weil sie direkt mit Lebensqualität, Gemeinschaft und Zukunft im Alpbachtal verbunden sind.

  • Bürgerkarte
  • Vereine
  • Begegnungszonen
  • Mobilität
  • Radwege

Die Umfrageergebnisse verdeutlichen die Stärken der Region Alpbachtal und zeigen gleichzeitig mögliche Handlungsfelder. Durch eine nachhaltige und partizipative Regionalentwicklung können die Lebensqualität der Einheimischen und die Attraktivität für Gäste gleichermaßen gesteigert werden. Dabei spielen nachhaltiger Tourismus, Mobilitätskonzepte und eine verstärkte Beteiligung der Bevölkerung zentrale Rollen.

Ausarbeitung von Handlungsoptionen

Stakeholder-Workshops

Die Umfrageergebnisse bildeten die Grundlage für zwei intensiv geführte Stakeholder-Workshops am 21. und 22. Jänner 2025. Mit dabei waren 40 Vertreter:innen aus öffentlichen Institutionen, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure. Gemeinsam wurden auf Basis der LQM-Ergebnisse konkrete Handlungsoptionen entwickelt – immer mit dem Fokus auf die Bedürfnisse von Einheimischen und Gästen. In weiterer Folge wurden diese Optionen reflektiert, priorisiert und thematisch eingeordnet.

Von Handlungsoptionen zu Handlungsfeldern

Entscheiderworkshop

Am 28. März 2025 luden wir alle zehn Gemeinden sowie den Vorstand und Aufsichtsrat des TVB Alpbachtal zum großen Entscheider-Workshop ein. Im Mittelpunkt standen die finalen Ergebnisse der Umfrage und die abgeleiteten Handlungsoptionen. Gemeinsam wurden daraus fünf priorisierte Handlungsfelder festgelegt – darunter etwa ein regionales Mobilitätskonzept oder die Entwicklung einer Einheimischen-Card. Für jedes dieser Themen wurden bereits erste Umsetzungsschritte definiert.

Lebensraumentwicklungspapier

Die Ergebnisse aus der LebensQualiMeter-Umfrage, sowie aus den Workshops wurden nun zusammengeführt und bilden die Grundlage für das Lebensraumentwicklungspapier, welches konkrete Maßnahmen für eine nachhaltige und ausgewogene Entwicklung unserer Region festhält.

Die Ergebnisse aus dem Projekt sind in unsere Nachhaltigkeitsstrategie und Aktionsplan eingeflossen. Die fünf Handlungsfelder werden im Rahmen vom 3. Alpbachtal Tourismus Zukunftstag der Öffentlichkeit präsentiert. 

Fünf Handlungsfelder für unseren Lebensraum

Aus den vielen Rückmeldungen, Ideen und Anliegen aus der Bevölkerung sind fünf zentrale Handlungsfelder entstanden. Sie zeigen klar, was die Bevölkerung und Unternehmen bewegt – und wo wir als Region gemeinsam ansetzen sollen und wollen. Folgende Themen stehen im Mittelpunkt, weil sie direkt mit Lebensqualität, Gemeinschaft und Zukunft im Alpbachtal verbunden sind.

  • Bürgerkarte
  • Vereine
  • Begegnungszonen
  • Mobilität
  • Radwege

Wie geht es weiter?

Derzeit prüfen wir, welche Projekte konkret umgesetzt werden können und welche Partner – Gemeinden, TVB, Vereine oder Betriebe – dafür an Bord geholt werden. Der TVB übernimmt dabei die Rolle als Koordinator, Unterstützer und Ermöglicher.
Besonders wichtig bleibt der offene Dialog: Nur wenn Gemeinden, Bevölkerung und Tourismus an einem Strang ziehen, entsteht Mehrwert für alle.

Eines ist klar: Alles, was wir im Tourismus bewegen, soll auch den Menschen zugutekommen, die hier leben.